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Marienkirche Niedergräfenhain

Geschichtliches zur Marienkirche Niedergräfenhain

Letzte Änderung: 21. Mai 2023, 11.45 Uhr durch Chr. Zange

Geschichtliches zur Gemeinde Niedergräfenhain

Zur Ortsgeschichte

Marienkirche Niedergräfenhain - Zeichnung: Johannes Möller
Marienkirche Niedergräfenhain – Zeichnung: Johannes Möller

Um das Jahr 1274 wurde Niedergräfenhain erstmals urkundlich erwähnt.

Die Ortsgründung muss im Zusammenhang mit der sogenannten Germanisierungspolitik im „Osterlande“, wie man unser Gebiet damals bezeichnete, um 1104 durch Wiprecht von Groitzsch (1040-1125) gesehen werden, der in den rheinfränkischen Besitzungen seiner Mutter Siedler für seine Pläne zwischen Saale und Elbe anwarb. Heute noch bekannte Orts- und Familiennamen weisen auf diese Herkunft hin.

So ist Niedergräfenhain wahrscheinlich im oder am Walde eines Grafen, vermutlich des Dedo von Groitzsch-Rochlitz gegründet worden. Alle diese Siedlungen entstanden als Straßen-, Reihen- oder Hufdörfer an Wasserläufen, oftmals auch älteren Handelswegen folgend. Die Eula mit ihrem breiten Tal dürfte sich für solch eine Siedlung angeboten haben.

Das uns heute bekannte Niedergräfenhain hatte von den Jahren 1350 bis 1690 verschiedene Namensschreibungen:

  • 1350 Crefinhayn
  • 1378 Under Grefinhayn
  • 1416 Nieder Greffinhayn
  • 1483 Nieder Grefenhain
  • 1683 Nieder Kräfenhayn
  • seit 1690 Niedergräfenhain

1571 schuf Abraham von Einsiedel aus Syhra das sogenannte Vorwerk durch den Kauf ehemaliger Bauerngüter.

Pastor Carl Graupner, der am 21. März 1831 sein Amt in Niedergräfenhain antrat, schrieb in einem Bericht:

Niedergräfenhain liegt….an der von Altenburg nach Dresden führenden Straße und an dem Eulaflüsschen, an welchem zwei oberschlächtige Mahlmühlen im Gange sind, in einer anmutigen, taligen Gegend. Der Ort selbst ist von Obstbäumen und Waldung, auf der östlichen Seite aber mit Steinbrüchen umgeben. 

Am Ende des Ortes, südwestlich, befindet sich ein herrschaftliches Vorwerk, welches aus drei ehemaligen Bauerngütern enstanden ist. Abraham von Einsiedel von und zu Syra und Niedergräfenhain kaufte nämlich im Jahre 1571 zwei Anspännergüter (von Hanns Richter und Martin Kuppar), zu welchen noch vor dem Jahre 1600 ein drittes kam.

Niedergräfenhain zählt, außer dem genannten Vorwerke 16 Anspännergüter, 12 Hintersassen, 31 Häuser, die Kirche, Pfarrwohnung und das Schulgebäude, und hat der Einwohner gegenwärtig 365, welche sich hauptsächlich mit Feldbau und Viehzucht beschäftigen.

Das Dorf hat, wie schon erwähnt, eine eigene, unter der Inspection Borna stehende Pfarrkirche und eine Schule, deren Collatur dem Rittergute Syra, dem das Dorf schriftsäßig gehört, zustehet.“

(Quelle:Sächsische Kirchengalerie, Inspection Borna und Pegau)

Er berichtet weiterhin, dass das Kirchenvermögen nur 400 Taler beträgt und somit alles Geld für Reparaturen von der Gemeinde selbst aufgebracht werden musste.

Die Collatur von Kirche und Schule hatten zu dieser Zeit die „Herren Gebrüder Heinrich, Detlev und Alexander von Einsiedel auf Syra.“

 

Die Marienkirche Niedergräfenhain

Mit ihrem spitzen Turm ragt  sie charakteristisch in der Mitte des Ortes hervor, ganz gleich, aus welcher Richtung man sich nähert.

Auf einem Porphyrfelsen errichtet, erlangt unsere Kirche trotz ihrer relativ kleinen Abmessungen eine stattliche und einheitliche Wirkung und bildet bis heute eine Einheit mit dem sich anschließenden Gemeindefriedhof und dem ehemaligen Pfarrhaus auf dem Kirchberg.

Erbaut wurde sie vermutlich in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Hierfür gibt es gesicherte bautechnische und künstlerische Zeugnisse. Aus ihnen geht hervor, dass der querrechteckige Chorturm mit den gekuppelten spitzbogigen Schallöffnungen in dieser Zeit entstand. 

 

Das Kirchenschiff

und der dreiseitige geschlossene Choranbau mit den Strebepfeilern und den schönen Maßwerkfenstern stammen aus der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts.

Die gesamte Kirche wurde zu dieser Zeit mit Stern- und Netzgewölben aus Porphyrsteinen eingedeckt und auf diese Weise, wie man damals berichtete, „zu stattlicher Wirkung“ gebracht.

 

Die Sakramentsnische,

mit Engelsfiguren und Fialen geschmückt, entstand im gleichen Zeitraum. Dieser gotischen Erweiterung folgte im 17. Jahrhundert eine Erneuerung.

Die Orgel

wurde im Jahre 1749 erbaut.

 

Der kelchförmige Taufstein

ist mit Köpfchen verziert und war ehemals farbig. Er wurde um 1620 aus Sandstein gefertigt.

 

Auf der Kanzel

die aus Holz gefertigt ist, sind die vier Evangelisten Matthäus, Markus, Lukas und Johannes abgebildet.

Die Kanzel steht auf einem Porpyrpfahl.

 

Die vier Glocken

unter dem Dach des spätgotischen Turmes wurden im 14. Jahrhundert gegossen und sind bis auf die kleine Glocke mit Mönchsschrift umgeben.

Das Taufglöckchen hat seltener Weise liegende Majuskeln. Sie ergeben jedoch keinen Sinn und sind wohl nur als eigentümliche Zierde aufzufassen.

So veränderte sich das Äußere wie das Innere unserer Kirche mehrmals. Nur wenige Einzelheiten sind bis dahin bekannt. Umso erfreulicher ist es, dass über den sich anschließenden Umbau am Ende des 19. Jahrhunderts ausführlichere Aufzeichnungen des damals amtierenden Pfarrers Männel vorliegen:

„…Nachdem im Jahre 1887, an dessen 22. Mai, ich in hiesiger Kirche als Pfarrer eingewiesen worden war, am 1. Juli der Kirchenvorstand endgültig beschlossen hatte, dass unsere Kirche im Inneren eine vollständige Erneuerung erfahren sollte, wurde der Architekt Christian Lohmann in Dresden … mit der Herstellung eines genauen Kostenanschlages und Zeichnungen für die geplante Erneuerung beauftragt.“… 

Der Anschlag belief sich auf 15.800,– Mark, die Zeichnungen enthielten Veränderungen in der Anordnung der inneren Ausstattung der Kirche.

… „Einmal hielt der Architekt es für nötig, die Seitenemporen aufzugeben und dann im Westgiebel ein Hauptein- und Ausgang anzubringen. Es ist nun nicht zu leugnen, dass durch Aufgabe der Seitenemporen nicht nur das prächtig gewölbte Kirchenschiff zu voller Geltung gelangt, sondern dass die Verlagerung der früher sehr kurzen und den Emporen zuliebe eingebauten Fenster bedeutend mehr Licht in das Schiff bringt, endlich auch, dass die Akustik viel schöner und das Predigen für den Geistlichen entschieden annehmlicher und leichter wird.“…

Viel Geld musste zusammengetragen werden, um diese Pläne in die Tat umzusetzen, und nicht umsonst bedankt sich Pfarrer Männel für die vielen uneigennützigen Spenden, die aus der Gemeinde kamen, besonders herzlich. Mit Bedauern musste er aber vermerken, dass die eigentlichen Kirchenpatrone, die Herren von Einsiedel, sich wenig spendenfreundlich zeigten.

… „Man hätte denken sollen, dass die Ausführung der Erneuerung unserer Kirche von Seiten der Herren, die sich Patrone unserer Kirche nennen, wenn auch keine klingende, so doch die Unterstützung persönlichen Einflusses und freundlicher Fürsprache finden würde. Stattdessen muss ich zu meinem aufrichtigen Bedauern und fast mit Scham berichten, dass bisher gerade das Gegenteil stattgefunden hat.“

Während der nun folgenden Bauarbeiten fanden die Gottesdienste im Sommer abwechselnd in Syhra und Frauendorf statt. Das damalige Erntedankfest wurde auf dem „hiesigen Friedhof bei köstlichem Wetter und unter zahlreicher Beteiligung gefeiert.“ 

All dies berichtete der damalige Pfarrer Moritz Fürchtegott Conrad Männel in einem von ihm geschriebenen Bericht über die Kirchenerneuerung.

 

Der Altar

1902 – Verkauf des Niedergräfenhainer Schnitzaltars

Auch kunsthistorische Kostbarkeiten aus dem Mittelalter waren einst in unserer Kirche vorhanden:

Ein Kruzifix mit einem Kreuz, das aus der Mitte des 12. Jahrhunderts stammte und ein spätgotischer Altar, der 1510 in einer unbekannten sächsischen Werkstatt für unsere Kirche geschnitzt worden war.

Beide jedoch wurden 1902 an den Pfarrer der Nikolaikirche, der damaligen Stadtkirche, in Leipzig veräußert.

Offenbar war der tatsächliche Wert der beiden Stücke und deren kunsthistorische Bedeutung den damaligen Vertragspartnern nicht bekannt. Der zu dieser Zeit amtierende Pfarrer Hölscher zu St. Nikolai in Leipzig erwarb den Altar für 300,- Mark. Vermutlich zwang Geldnot nach dem Umbau ihrer Kirche Ende des 19. Jahrhunderts die Niedergräfenhainer zu diesem Verkauf.

Das Kruzifix mit dem Kreuz kann heute an der linken Chorwand der Nikolaikirche bewundert werden. Der Schnitzaltar, der in der Nachkriegszeit um einige seiner Figuren beraubt wurde, befindet sich heute in der Nordkapelle der Leipziger Nikolaikirche.

 

Die letzte große Kirchenrekonstruktion

fand in den Jahren 1979 bis 1981 statt. Damals wurden der Kirchturm, das Kirchendach und der Innenraum völlig erneuert. Dank der Initiative des amtierenden Pfarrers Lägel, der heute im Ruhestand in Ramsdorf lebt, seiner Mitglieder im Kirchenvorstand und zahlreicher Helfer aus der Gemeinde konnten der in der ehemaligen DDR herrschende Baustoffmangel überwunden und die Kirche von Grund auf erneuert werden. Welche Schwierigkeiten zu lösen waren, beweist die Beschaffung der Balken für Dach und Turm. So wurde dieses Holz in einem kircheneigenen Wald in Oberlichtenau zwischen Chemnitz und Frankenberg geschlagen, nach der Mühle in Schwarzbach gebracht und dort auf die rechten Maße zugeschnitten.

Später im Jahre 1987 erhielt die Kirche einen neuen Außenputz und einen weißen Farbanstrich, so dass sie auf ihrem Hügel weithin sichtbar war.

Im Zuge dieser baulichen Rekonstruktion wurden die Sitzreihen mit einer elektrischen Heizung versehen und auch die

Kirchenuhr

ging von nun an wieder mit der Zeit.

Seit 1988 ist das gesamte Geläut auf elektrischen Betrieb umgestellt. Bei der Rekonstruktion des Kirchturmdaches wurden die Wetterfahne und ihre vergoldete Kuppel erneuert.

 

Gedenktafel für die Opfer des 2. Weltkriegs

Im November 1995, 50 Jahre nach dem letzten Krieg, wurde dank des Engagements von Gustav Tarras und Johannes Weber aus Niedergräfenhain im Eingangsteil der Kirche eine Ehrentafel feierlich eingeweiht, auf der die Namen aller gefallenen und vermissten Niedergräfenhainer Männer verzeichnet sind.

43 Einwohner mussten ihr Leben in einem sinnlosen Krieg lassen.

Ihnen zur Erinnerung, den Nachfahren zur Mahnung ist die Tafel gleichsam eine Ergänzung zu den Namen der im 2. Weltkrieg Gefallenen, die auf einem Gedenkstein vor der Kirche vermerkt sind.

Namen auf der Ehrentafel im Vorraum der Kirche, die 1995 am Ewigkeitssonntag aufgestellt wurde:

 

Oswald Kretzschmar geboren: 26.5.1910 gefallen: 10. 5. 1949
Felix Harzendorf 15. 4.1921   2. 10. 1941
Martin Raubold 14. 6.1920 8. 3. 1942
Helmut Kretzschmar 17.05.1921 17. 3. 1942
Hans Fichtner 11.11.1918 14. 6. 1942
Fritz Schwalbe 30.08.1912 19. 8. 1942
Walter Voigt 07.09.1912 19.11.1942
Johannes Fichtner 4. 4. 1921 16. 2. 1943
Heinrich Radoy 16. 12. 1911 27. 5. 1943
Erhard Petzold 31. 3. 1921 24. 6. 1943
Helmut Raubold 22. 2. 1918 19. 8. 1943
Gerhard Busch 30. 5. 1921 25.10.1943
Helfried Geisthardt 17. 11. 1922 29.11.1943
Rudolf Doberenz 8. 11. 1906 20.12.1943
Walter Rechenberger 18. 5. 1922 21.12.1943
Helmut Petzold 13. 9. 1924 28. 1. 1944
Erich Bernecker 4. 5. 1900 25. 5. 1944
Walter Daniel 18. 2. 1904 28. 6. 1944
Herbert Dietze 20. 5. 1925 1. 7. 1944
Erich Oehm 19. 9. 1909 7. 7. 1944
Fritz Sorke 23. 9. 1909 2. 8. 1944
Rolf Müller 17. 4. 1925 13.10.1944
Wolfgang Mucke 29. 8. 1925 23.11.1944
Martin Döhler 31. 7. 1904 10. 5. 1944
Helmut Bruckbach 11. 7. 1913 11. 5. 1944
Erwin Lori 31. 3. 1909 12. 3. 1945
Walter Fleischer 30. 6. 1911 10. 4. 1945
Gustav Freitag 29. 10. 1900 9.10. 1944
Vermisst:
Otto Rudolph 7. 2. 1908 vermisst: 1942
Kurt Senf 22.11. 1922 1943
Herbert Geisthardt 15. 6. 1924 1943
Martin Senf 5. 11. 1908 1943
Walter Raubold 7. 10. 1909 1943
Herbert Schenkel 2. 7. 1915 1944
Paul Hendriock 27. 5. 1922 1944
Arthur Peters 20. 7. 1900 1945
Waldemar Gurschke 24.12. 1905 1945
Alfred Taubert 27. 1. 1903 1945
Erwin Schenkel 16. 2. 1906 1945

 

 

Der Hausschwamm an den Kirchenbänken

Im Jahre 2001 brach überraschend der gemeine Hausschwamm im Kirchengebäude aus.

Dieser gefährliche Schädling hatte sich unter den Bänken festgesetzt. Um ein Ausbreiten zu verhindern, war es dringend erforderlich, die Kirchenbänke auszulagern. Alle Holzteile, die mit dem Fußboden verbunden waren, wurden ausgebaut. Diese Maßnahmen zogen eine umfangreiche Sanierung des Kirchenraumes nach sich. Geschädigte Teile sowohl des Innenputzes als auch des Fußbodens mussten entsorgt werden. Schwammgift wurde eingebracht. Bänke, von denen viele in Mitleidenschaft gezogen waren, müssen neu aufbereitet werden.

Stühle ersetzen zur Zeit das frühere Gestühl. Der Fußboden ist inzwischen erneuert, die Innenwände frisch verputzt und gestrichen.

 

 

Der Friedhof und die Bestattungshalle

Die Friedhofsmauer, die den gesamten Kirchberg umgibt, wurde sorgfältig erneuert. Seit 1998 verbindet eine neu gebaute Treppe die Kirchschule mit der Kirche und dem Friedhof.

Als 1994 Pfarrer Johannes Möller sein Amt antrat, galt es schon bald, neue Baumaßnahmen zu ergreifen: Eine neue Bestattungshalle löste bald die veraltete Leichenhalle ab.

 

Die Kirchschule Niedergräfenhain

Der neue Gemeinderaum in der Kirchschule Niedergräfenhain

Die ehemalige Schule, seit September 2001 als Kirchschule mit einem schönen Gemeinderaum wieder hergerichtet, wurde in der Bauzeit für die Gottesdienste genutzt.

Seit 2003 sind die Räume in der oberen Etage der Kirchschule wieder renoviert und als Wohnung ausgebaut.

So fügen sich alle diese Einrichtungen zu einem harmonischen Ganzen zusammen und bilden einen echten Mittelpunkt im Dorfbild.

(nach Aufzeichnungen von Curt Dathe, Niedergräfenhain, weitere Quellen: Sächsische Kirchengalerie, Inspection Borna/ Pegau, „Vom Turm geschaut“, Heft 7; zusammengestellt von Sylke Labus, Niedergräfenhain)

 

Aufnahmen der Marienkirche

Außen

 

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Innen

 

 

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