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Nikolaikirche Geithain

Geschichtliches zur Nikolaikirche Geithain

Letzte Änderung: 17. Januar 2023, 16.50 Uhr durch Chr. Zange

Sonnenuntergang hinter der Nikolaikirche Geithain
Sonnenuntergang hinter der Nikolaikirche Geithain – Danke an Christian Zange für diese wunderbare Animation

Geschichtliche Daten zur Nikolaikirche Geithain

Nikolaikirche Geithain - Zeichnung: Johannes Möller
Nikolaikirche Geithain – Zeichnung: Johannes Möller

1168 wird der erste Teil der Basilika des Klosters Zschillen (Wechselburg) geweiht. Nahezu zeitgleich wird auf dem westlichen Teil des Bergsporns von Geithain eine groß-dimensionierte romanische Basilika errichtet (ca. 2/3 so lang wie die Zschillen-Basilika)

1165-1175 evtl. Baubeginn der steinernen Basilika. Sie wird dem heiligen Nikolaus geweiht, dem Schutzpatron der Kaufleute und bekannten Freund der Kinder.

1180-1190 Vollendung des Westwerks(19,92 m Breite, 7 m tief) mit den beiden 42 m hohen, quadratischen Türmen. Rüsthölzer, welche zahlreich im Inneren der Türme zu finden sind, zeugen heute noch von dem Bau eines hölzernen Gerüsts um die Türme herum.

1186 wird die Marienkirche oder Kirche „zu unserer lieben Frauen“ oberhalb von „Gyten“ urkundlich genannt. Geithain wird das erste Mal schriftlich erwähnt. Die Nikolaikirche fungiert bereits als Pfarrkirche.

1209 erste urkundliche Erwähnung der „Stadt“ Geithain anläßlich der Hospitalstiftung St. Jacob an Pfarrer Johannes Marquardus.

1332 erste urkundliche Erwähnung einer Pfarrkirche zu Geithain;

1340 Bau eines Hochgotischen Chores. Die im Vorraum der Kirche aufgestellte zersprungene Glocke könnte um diese Zeit gegossen worden sein.

1448 drängt eine Verordnung auf Erneuerung des wankenden Giebelbauerwerkes nordwestlich am Chor. Ob etwas hierauf erfolgte, ist nicht überliefert.

1470-1475 zu dieser Zeit wird die größte der vier Läuteglocken gegossen, sie trägt den Namen: Marta (man kann aber wohl auch „Maria“ lesen)

1474 wird von Heinz Schmelzer das Gestühl an der Nordwand des Altarraumes gestiftet und der Chor verkürzt. Er erhält ein neues Gewölbe.

ca. 1500-1510 beginnen umfangreiche Baumaßnahmen, die erst nach 130 Jahren zum Abschluss kommen werden. Die Arbeiten scheinen am Schiff der Nordwand begonnen zu haben. Gemeinsam mit der nördlichen Umfassung errichtet man im Nordabschnitt die Portalhalle (bzw. Haupteingang).

Nach dem Bau des neuen Schiffes folgt die Südumfassung. Die Umfassungsmauern berühren zunächst den bestehenden Baukörper des romansichen Vorgängers nicht, da sie außerhalb der Seitenschiffe aufgeführt werden.

Im Westen erfolgt bald darauf die Anbindung an die Westtürme. Um Osten baut man die geraden Seitenschiffabschlüsse bis dicht an den Chor heran.

1502 Aus diesem Jahr stammt der Schrank in der sterngewölbten Sakristei, welche als erster Bauabschnitt fertiggestellt wurde.

1504 wird der Grundstein für die jetzige Hallenkirche gelegt. Die dreischiffige spätgotische Halle ist rund 30 m lang, 24 m breit und 14 m hoch.

1516 wird der Dachstuhl nach Errichtung der Umfassungsmauern aufgebracht. Der Abbruch der alten Kirche wurde fortgesetzt. Das Westwerk erhält ein gotisches Fenster und die Turmhalle wird mit einem Pultdach an die Kirche angeschlossen. Dass die Türme im Oberteil ehemals freier standen, kann man innen ohne weiteres sehen. Der Durchgang auf dem Dachboden ist ein Turmfenster! Das Dach der ehemaligen Basilika war also tiefer und flacher.

1536 Bis zur Einführung der Reformation 1539 standen in unserer Kirche viele Altäre. Erwähnt werden 1363 St. Johannis, 1392 St. Trinitatis, 1392 St. Maria – St. Laurentius – St. Matthäus (ein Geschenk des Markgrafen Wilhelm), 1442 St. Crucius, 1476 St. Fabian – St. Sebastian, 1536 St. Gangolphi und außerhalb der Kirche ein „altare kalendarum“, ein Altar der Kaland-Bruderschaft im sogenannten Kalandhaus neben der Pfarre, wo sich die Brüder jeweils am Monatsbeginn trafen. Die Kalandstube wurde 1990 restauriert.

Die Kalandbrüderschaft war eine Art Fürsorgeorganisation, die seit dem 9. Jh. in ganz Europa tätig war. Sie wollten das kirchliche Leben bereichern und nahmen sich besonders des Totengedächtnisses an. Mit der Reformationszeit im 16. Jh. hörten die meisten Kalandbruderschaften auf zu bestehen. Heute existiert in Duderstadt/ Harz noch eine.

1539 wird am 1. Advent  der erste evangelische Gottesdienst gehalten von Anton Musa, Superintendent in Rochlitz. Daher ist dieser Tag bis heute „Kirchweihfest“. Der erste evangelische Pfarrer hieß Johannes Sagittarius (Schütze).

1550 wird im nördlichen Seitenschiff ein in grotesker Manier aus einer Peniger Werkstatt gefertigtes Gestühl errichtet.

1577 aus diesem Jahr stammt der Epitaph hinter dem Altar für Joachim Honkirch, consulis Gaitani.

1581 bis ca. 1870 nutzt man den Nikolaikirchhof als Friedhof der Stadt, aber nur für die Bürger

1592 musste der Tischler Angermann ein Kästchen machen, da hinein wurde die Bibel  mit Veit Dittrichs Summarien gelegt und in den Altar vermauert.

1594 Abweichend vom ursprünglichen Plan einer Hallenkirche mit Kreuzrippengewölbe (siehe die noch vorhandenen Rippensätze an den Säulen) wird eine bemalte Felderdecke eingezogen. Die Ausführung übernimmt Adam Schilling aus Freiberg.  Warum das Gewölbe nicht zur Ausführung kam, ist nicht bekannt. Um 1511 dürften Planungen zum Gewölbe der Geithainer Kirche bereits bestanden haben. Das Fehlen der Quellen lässt uns auch über die Person des Werkmeisters im Unklaren. Stilistische Übereinstimmungen der architektonischen Elemente deuten auf eine sehr enge Beziehung zum Hallenhaus der Leipziger Nikolaikirche. Dort erfolgte die Grundsteinlegung nachweislich im Jahre 1513.

Der Werkmeister der Geithainer Nikolaikirche könnte mit dem Leipziger identisch sein. Die Berufung nach Leipzig wäre auch ein möglicher Grund für das abrupte Bauende kurz vor der Einwölbung.

Dass die Geithainer Kirche in der Nachfolge der Leipziger Kirche entstanden sein könnte, ist unwahrscheinlich. Sie muss als Vorläufer der Leipziger Nikolaikirche angesprochen werden.

Wenn man vom Altar in Richtung Pfingsttor schaut, sieht man von der Altarseite angefangen folgende Bilder:
 

 Mittelschiff:

St. Petrus Kursächsisches Wappen St. Matthäus
Dreieinigkeit
St. Andreas Brandenburger Adler St. Thomas
St. Jacobus d. Ä. St. Jacobus d. J.
St. Johannis Taufe des Herrn Jesus St. Simon
St. Philippus Wappen der von Bünau St. Judas
St. Bartholomäus Weltgericht  

St. Mathias

Die Unterschriften zusammen gelesen ergeben das Glaubensbekenntnis.

 Nordschiff:  

Südschiff:

Brustbild Melanchthons Martin Luther Bildnis
Erschaffung von Adam und Eva Geburt Jesu
Sündenfall Beschneidung
Opferung Isaaks Kreuzigung
Erhöhung der Schlange Auferstehung
Bild des Hl. Nikolaus Künstlerwappen
Die neutestamentlichen Bilder der Südseite entsprechen thematisch den alttestamentlichen der Nordseite.

1596 der Taufdeckel wird fertiggestellt (steht jetzt in der Turmhalle);

1597 Der Freiberger Meister Peter Besler errichtet die Kanzel, an der Treppenbrüstung sind folgende Wappen zu sehen: Stadtwappen Geithain, Kursachsen, Brandenburg, von Bünau und eines Geithainer Bürgers.

Am Altar wird schon gearbeitet. Das ehemals im Freien stehende hölzerne Kruzifix wird an der Südseite des Schiffes (Taufk.) angebracht;

1611 wird der gesamte Altar durch die Freiberger Werkstatt Andreas Grünberg aufgestellt. Der Hintergrund der Alabasterreliefs stammt mit Sicherheit nicht von Andreas Grünberg, sondern ist viel jüngeren Datums. Mit dem letzten Abschluß des Innenausbaus hat die Kirche im wesentlichen ihr jetziges Aussehen erhalten. Es fällt die starke Abweichung von einer geometrischen Mittellinie auf, die aber schon von der ältesten Anlage her gegeben war (stellt das geneigte Haupt Christi am Kreuz dar).

  • Auferstehung
  • Oelberg/Grablegung/Kreuzabnahme
  • Kreuzigung
  • Geburt des Herrn Abendmahl/Taufe des Herrn

1718-1733 werden die beiden Logen (Rektorloge und Ratsloge) und der Bürgermeisterstuhl aufgestellt.

1736 Für dieses Jahr wird eine Kirchenuhr genannt, wahrscheinlich gab es schon 1569 eine.
Auf der heutigen Uhr lässt sich kein Alter und keine Firma finden. Sie wird 1902 gebaut sein.

1841 Zum ersten Mal wird die Verbindung der Geithainer Dohlenlegende mit dem an der Westseite der Kirche befindlichen Grabdenkmal eines Knaben von 1593 angezweifelt.

1902 erfolgt die letzte große Renovierung und Restaurierung. Die Deckenbilder erhalten einen Firnisanstrich, um die Farbe gegen Abblättern zu sichern. Das Westwerk wird von der Kirche her durchbrochen, um Platz für die Orgel zu schaffen. Diese wird von Schmeißer aus Rochlitz installiert und hat 36 Register, 2 Manuale und ein Pedal.

Die ehemals zwei kleinen Emporen werden auf eine größere reduziert. Alle Fenster erhalten eine neue Verglasung, an der Südseite ist der Lebenslauf des Menschen dargestellt, an der Nordseite eine Geithainer Stadtansicht mit Postmeilensäule, sowie Bildnissen Luthers und Melanchthons.Außerdem wurde die Rektorenloge aus dem Altarraum an ihre jetzige Stelle gesetzt.Von dem Maler Hausmann wurde dort das Bild „Jesus predigt“ gemalt. Das hölzerne Kruzifix kam an seine Stelle.Überhaupt wurde die Kirche dem damaligen Zeitgeschmack angepasst.Auch eine Dampfheizung wurde eingebaut. Dabei werden aus dem Heizungskeller unter der Sakristei, dem ehemaligen Beinhaus, 44 Fuder Knochen abgefahren und in einem gemeinsamen Grab an der Ostseite des Kirchhofes begraben.

1926 werden Vorbereitungen für die Umdeckung des Kirchendaches vorgenommen, welche im Sommer zur Ausführung kommen. Die Giebelhöhe beträgt 19 Meter.

1966 am Heiligen Abend zerspringt die älteste Glocke nach vorhergehendem fehlerhaften Einbau einer elektrischen Läuteanlage!

1968 am 30. 6. werden zwei neu gegossene Glocken aufgezogen. Die Kirche hat jetzt wieder vier Läuteglocken, dazu eine Schlagglocke im Dachreiter für die vollen Stunden und eine Viertelstundenglocke im Ostgiebel.

 

Aufnahmen der Nikolaikirche

Außen

 

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Innen

 

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Wünning-Orgel

Bereits 1452 ist eine Orgel in St. Nikolai nachweisbar. In den alten Schriften aus dem Pfarrarchiv wurde folgender Hinweis dazu gefunden: „Ao. 1452, Dienstag auf St. Michaelis (29.9.) sind etliche Böhmen mit 100 Pferden kommen, die Stadt geplündert und hier angelangt, die Kirche beraubt, die Orgel zerbrochen.“

1847 wurde eine neu erbaute Orgel von Urban Kreuzbach (Borna) eingeweiht. Das Instrument kostete 1700 Taler und besaß 29 Stimmen, verteilt auf 2 Manualen und Pedal.

– 1902 ließ man das Instrument, im Zuge einer umfassenden Kirchenrenovierung, pneumatisch mit der Seifertschen Membranlade umbauen. Die Arbeiten übernahm die Firma Alfred Schmeißer aus Rochlitz. Diese Technik erwies sich später als sehr störanfällig.

– Bereits 1950 wurden Kostenvoranschläge zur Generalreinigung, Erneuerung der Membranen und das Versetzen des Spieltisches um etwas 4m vom Gehäuse weg gestellt. Die Firma Schmeißer führte dies Arbeiten aus. Das Versetzen des Spieltisches verzögerte die Tonansprache.

– 1960 behob der damals erst 18-jährige Geithainer Joachim Kiesler diesen Mangel auf unkonventionelle Weise, indem er die Rohre für die pneumatische Übertragung kurzerhand absägte und auf eine elekrische Übertragung mittels Zugmagneten umstellte. Diese Zugmagneten wurden zu DDR-Zeiten in Magnettonbandgeräten verarbeitet.

– 1985 kam es zum Auftrag eines Orgelneubaus, der mit der politischen Wende 1989 wieder hinfällig wurde.

– Erst 2005 kam es durch die Orgelbaufirma Georg Wünning (Großolbersdorf) zu einem technischen Neubau der Orgel. Sie wurde komplett um einen Meter vorgezogen. Der Prospekt von 1902 blieb erhalten. Das Instrumente sollte in seiner Klangsubstanz und Größe erhalten werden. Sie bekam Schleifladen mit mechanischer Traktur. 17 Stimmen aus der Werkstatt Kreutzbachs von 1847 wurden in vollem Umfang wieder eingebaut und auch von der Firma Schmeißer sind ca. 8 Stimmen erhalten. Einige wurden ergänzt oder restauriert. Insgesamt besitzt die Orgel heute 36 klingende Stimmen, verschiedene Spielhilfen (Koppeln, Crecendowalze usw.) und eine Setzerkombination mit 4000 Speicherplätzen in 4 Gruppen. Die Anzahl der klingenden Pfeifen beträgt 2207.

Seitdem erklingt die Orgel zu Gottes Ehre in den Gottesdiensten, die jeden Sonntag 10 Uhr stattfinden. Besonders in den Sommerferien lädt die Gemeinde zu Orgelsommerkonzerten mit anschließender Führung durch die unterirdischen Gänge ein.

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Blick vom Dachreiter

 

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