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Marienkirche Wickershain

Geschichtliches zur Marienkirche Wickershain

Letzte Änderung: 27. Dezember 2022, 15.30 Uhr durch Chr. Zange

Sonnenaufgang über Wickershain

Sonnenaufgang hinter der Marienkirche Wickershain – Danke an Christian Zange für diese schöne Animation

Der kleine Ort Wickershain

Marienkirche Wickershain - Zeichnung: Johannes Möller
Marienkirche Wickershain – Zeichnung: Johannes Möller

Nähert man sich von Süden, Westen oder Osten der Stadt Geithain, so sieht man schon von weiter Entfernung einen eigenwilligen und unverwechselbaren Kirchenbau, der die Stadtshiloete überragt und das typische Bild Geithains mit prägt.

Es ist die vom Geithainer Ortsteil Wickershain genutzte Pfarrkirche St. Marien – eine der schönsten Dorfkirchen Sachsens.

Ihre Baugeschichte geht auf ganz unterschiedliche Zeiten zurück, die alle ihre Spuren hinterlassen haben und heute die Besonderheit des Baukörpers ausmachen.

1186, genau am 29. April, erfolgte die erste Nennung einer Kirche in unserer Ortslage. Sie befand sich „in villa superior Chiten…“ Ob dies mit „im Dorf Obergeithain“ oder mit „im Dorf oberhalb Geithains“ zu übersetzen ist, darüber ist der Streit immer noch nicht entschieden. Auch wenn für die Kirche noch kein Name genannt wurde, kann man doch davon ausgehen, daß es die spätere Marienkirche war. Damit ist sie älter als die Jakobikirche und auch älter als die St. Nikolaikirche und viel älter als die Katharinenkirche.

1205/1206 erhielt das Kloster Zschillen (heute Wechselburg) die Patronatsrechte über „Githen“. Welche Kirche oder Kirchen damit gemeint ist, geht jedoch aus der Urkunde nicht hervor.

Markgraf Konrad schenkte 1209 einige Lehen 111 „Wickershagen“ dem Hospital zu Geithain.

Im 13. Jahrhundert wurde die Kapelle zum Turm erhöht.

 

Die Kirche St. Marien in Wickershain

Der Name „Unser lieben Frauen“ wurde 1390 erstmals erwähnt. Zugleich wurden auch die anderen drei Geithainer Kirchen genannt, so daß wir es eindeutig mit unserer Wickershainer Kirche zu tun haben.

 

Die wundertätige Marienfigur der Marienkirche Wickershain

Zu Beginn des 15. Jahrhunderts hatte sich die Kirche durch ein angeblich wundertätiges Marienbild einen „nicht gemeynen“, d. h. einen ungewöhnlichen Ruf erworben. Er bezieht sich auf eine aus Lindenholz geschnitzte Marienstatue, auf die später noch einzugehen sein wird.

Aus dieser Zeit stammen auch drei Wappenschilde am Westgiebel. Sie sind jetzt durch das Pultdach über dem Haupteingang verdeckt.

Die wundertätige Marienstatue war Anlaß für zahlreiche Wallfahrten nach Wickershain.

1422 erteilte Papst Johann XXIII. einen 40 tägigen Ablaß für die Wallfahrer nach Wickershain. Sicherlich geschah dies, um Spenden für einen notwendigen Kirchenneubau anzuregen. In einer Ausfertigung dieser Bulle, die Bischof Nikolaus von Merseburg am 24. März 1423 veranlaßt hatte, heißt die Kirche „extra muros Gytan“ also außerhalb der Mauern Geithains gelegen.

1424 schließlich begann zunächst einmal der Neubau des Chores, der in schönem spätgotischem Mauerwerk ausgeführt wurde.

1425, am St. Andreastag (30. November) erging wiederum von Bischof Nikolaus von Merseburg ein Kollektenbrief, ein Sammelaufruf für den neuen Chor und die Anschlußmauer an den Turm. Diese Mauer ist noch heute gut zu erkennen. Der Kollektenbrief hatte ein Jahr lang Gültigkeit. Mit Hilfe eines weiteren Kollektenbriefes durch Bischof Johann von Merseburg und das Privileg des Papstes Martin V. wurde 1441 die Überwölbung des Chores ermöglicht.

Wallfahrtstag war das Fest der Heimsuchung Mariä, der 2. Juli.

 

Das Gewölbe im hohen Chor

Die Rippen des Chorgewölbes sind als Birnenstab mit Kehle ausgebildet. Unter den Gewölbeanffingen ragen nur zum Schmuck, aber ohne tragende Funktion, Männer und eine Frau als Halbplastiken mit Spruchbändern hervor, hinter dem Altar sind es ein Engel und ein Adler. Der Chorbau gehört der Blütezeit der Rochlitzer Bauhütte an.

Im Jahre 1470 fügten die Kardinäle dem bisherigen vier neue Wallfahrtstage mit neuen Vergünstigungen hinzu – 100 Tage Ablaß für die Wallfahrer für „immer währende Zeiten“.

So erhielt man bis 1475 die Mittel, das Vorderschiff nördlich und südlich zu erweitern und zu erhöhen, die drei Vorhallen und das Treppentünnchen am Westgiebel anzulegen. Über der Südpforte, nach mündlicher Überlieferung der „Narsdorfer Eingang“, ist eine Jahreszahl in römischen Zahlen eingeschlagen, MCCCCLXXV also 1475, sie bezeichnet wohl den Abschluß dieser Bauarbeiten.

Die ursprüngliche Länge der Kirche wurde nicht verändert. Die nördliche Vorhalle ist der heutige „Neumärkter Eingang“. Auf einem Wappenstein dieser Vorhalle ist der Namen Patrona-Marie eingemeißelt.

Die Ratsempore an der nördlichen Turmwand mit Zugang von außen entstand 1519. Auch dieser Zugang ist noch heute sichtbar.

Überliefert ist, daß der berühmtberüchtigte Ablaßkrämer Tetzel auch hier eine Wirkungsstätte hatte.

Mit Einführung der Reformation, in Geithain 1539, ist als erster evangelischer Diakon Jakob Cellarius nachweisbar.

Ablaßpredigten gab es nun nicht mehr, aber der Ablaß blieb in der Erinnerung noch tief verwurzelt.

Am Tag Mariä Heimsuchung 1592 erfahren wir erstmals in nachreformatorischer Zeit von einer Ablaßfeier.

In den Jahren von 1626 bis 1629 zeichnete W. Dillich „die vornehmsten Städte des Landes Meissen und des Kurkreisses“. – Geithain gehörte offensichtlich dazu, so daß wir aus dieser Zeit die erste Stadtansicht von Geithain besitzen. Die Marienkirche zeigt sich darin in ihrem Zustand vor dem großen Brand von 1648.

 

Die Glocken

Am 17.4.1648 schlug ein Blitz ein und verursachte einen Brand, der die hohen Turmspitzen und das Kirchendach zerstörte. Drei Glocken zerschmolzen dabei. Der Schaden vergrößerte sich noch, als am 31.12. im selben Jahr ein Sturm den stehengebliebenen steinernen Eckgiebel auf das Gewölbe warf, so daß dieses zertrümmert wurde und der Schutt das ganze Vorderschiff anfüllte.

 

Der Altar

Erhalten blieben nur der Altar, die Kanzel und die Taufe.

Obwohl Geithain im Dreißigjährigen Krieg sehr hohe Verluste erlitten hatte (der Schaden sei angeblich so groß gewesen, daß man mit dem verlorenen Geld Geithain noch einmal hätte neu aufbauen können), gelang es der Gemeinde, am 1. September 1649 mit dem Wiederaufbau zu beginnen. Er wurde von Meister Gernegroß aus Geringswalde geleitet und am 28. November beendet.

Am 18. Mai 1650 konnten bereits die neuen Glocken aufgehängt werden. Wahrscheinlich war der Neuaufbau ohne große bauliche Veränderungen erfolgt, denn rund 100 Jahre später, am 17. Mal 1752 zerstörte wiederum ein Unwetter die Turmspitze die Glocken zerschmolzen und die Kirche brannte bis auf die Mauern ab. Dabei sind diesmal Kanzel, Altar, Orgel und Taufstein mit untergegangen. Verschont blieben lediglich das hintere Turmgewölbe (der Chor?) und die Sakristei. Der Altar war aus Stein mit einer reich vergoldeten Altartafel.

Nachdem am 5. September bereits das Dach über dem Turmgewölbe wiederhergestellt war, riß am 14. September ein Sturm den noch stehenden steinernen Kirchengiebel ein, dieser zerschlug zwei der eben aufgebauten Balken, die Baugerüste, sowie zwei steinerne Säulen am Chorgewölbe.

Am 25. September wurden die Bauarbeiten dann aber doch zum Abschluß gebracht.

Am 4. März 1753 kamen zwei Glocken an, die aus den Resten der drei zerstörten Glocken gegossen worden waren. Sie wurden am Sonntag Invocavit, dem 6. März 1753 aufgehängt…

… und tragen folgende Inschriften:

  1. Gott. allein. die. Ehre. Lob. Ehr. Preis. und. Dank. mit. hellem. Klang. sey. unserm Gott. in Ewigkeit. C.V. Goss mich Meister Martin Heintze in Leipzig 1752
  2. Gott. allein. die. Ehre. Allein stark. und. maechtig ist. unser. Gott. in. Ewigkeit. C.V. Goss mich Meister Martin Heintze in Leipzig 1752

Wegen des angeblich zu schwachen Glockenstuhls war eine dritte Glocke nicht mehr vorgesehen.

 

Der Taufstein

Am 13. Juni 1753 wurde der Taufstein wiederhergestellt. Ein von den Neumarkteinwohnern ausgehender Streit führte zu einer zweijährigen Unterbrechung der Bautätigkeit, erst in der Woche nach Pfingsten 1755 ging es weiter.

 

Die Kanzel

Am 16. Sonntag nach Trinitatis wurde die neue Kanzel erstmals bestiegen, die Erntedankpredigt hielt Diakon F. E. Bucerus.

Die über dem Mittelschiff angebrachte Jahreszahl 1755 bezeichnet sicherlich den Abschluß der Arbeiten. Altar und Orgel werden aber noch nicht genannt.

Der Turm war 1756 fertiggestellt und mit Schiefer belegt worden, die Kanzel, Emporen und Gestühl gestrichen. Am 5. Sonntag nach Trinitatis war der Bau völlig beendet. Der Turmknauf wurde am 12. September aufgesetzt.

 

Die Orgel

1782 wurde die Orgel eingeweiht.

Im Jahre 1853 wurden die letzten umfassenden inneren Erneuerungen und Verschönerungen durchgeführt: Belegung des Altarplatzes mit neuen steinemen Platten, neues Altargeländer, Ausbesserung der Altar- und Kanzelbekleidung, Ausbesserung und Anstrich der Fenster.

1891 oder nach anderen Angaben 1906 wurde die sehr alte, wertvolle aber auch restauriertuigsbedürftige Marienfigur dem Königlich-Sächsischen Altertumsverein übergeben. In Dresden ist sie nach neueren Nachforschungen wahrscheinlich im Februar 1945 mit verbrannt. So besitzen wir nur noch eine Abbildung aus der „Sächsischen Kirchengalerie“ von dieser qualitätsvollen gotischen, für die Geithainer Geschichte so bedeutsamen Marienstatue.

1917 erfolgte die Beschlagnahme von zwei Glocken für Kriegszwecke.

1927 wurden zwei neue in Apolda gegossene Glocken dafür aufgehängt.

1942 mußten wiederum zwei Glocken für den Krieg abgegeben werden, die kleine und die mittlere.

Nach dem Krieg wurde eine kleine Glocke beschafft, die jetzt ihren Platz im Neumärker Eingang hat. Durch die Spenden der Wickershainer konnten 1986 und nach einem Fehlguß 1988 zwei neue Glocken aufgezogen werden.

In den letzten Jahrzehnten waren bauliche Schäden in allmählich immer größerem Ausmaß aufgetreten, die schließlich den Einbau eines Notdaches im Kirchenschiff wegen der einsturzgefährdeten Decke erforderlich machten.

Nach schwierigen und langwierigen Verhandlungen begannen 1995 die dringend notwendigen Baumaßnahmen.

Zunächst wurde der Turm in seinen äußeren Teilen instandgesetzt.

 

Der Förderverein St. Marien e.V.

Der Förderverein St. Marienkirche e.V. Geithain setzt sich jetzt dafür ein, auf unsere Kirche aufmerksam zu machen, die Bauarbeiten zu unterstützen und zu beschleunigen sowie zu den dringend benötigten Spenden aufzurufen.

Auch an alle Leser dieses Beitrages ergeht die Aufforderung und Bitte, für unsere Kirche zu spenden oder in sonstiger Weise zu ihrer Erneuerung beizutragen, vielleicht auch Mitglied des Fördervereins zu werden.

Kirchner Ralf Niemann, Geithain

 

Aufnahmen der Marienkirche

 

Außen

 

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Innen

 

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Glockenstuhl und Uhrwerk

 

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Blick vom Turm

 

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